Die Güssen


Die Güssen, nach denen sich der Sportschützenverein nennt, wurden 1171 erstmals urkundlich erwähnt. Diepold Güß war damals als Zeuge in einer Urkunde von Kaiser Friedrich Barbarossa aufgeführt. Jener Diepold Güß verwaltete die Besitzungen der Staufer in Herbrechtingen. Der Stammsitz war die Güssenburg bei Hermaringen (heute nur noch eine Ruine). Sein Sohn Heinrich von Güssenberg war vermutlich mit einer Tochter des Gerwig von Ulm verheiratet. Aus dieser Ehe entstanden mindestens vier Söhne: Diepold Güß von Brenz, Urich Güß von Brenz, Gerwig I. Güß und Heinrich Güß (genannt der Goldene). Im Frühjahr 1267 traf Gerwig I. den König Konrad III. von Jerusalem (er war gleichzeitig der Herzog von Schwaben) in Augsburg. Konrad, der letzte Staufer, brach kurz darauf nach Italien auf. Für diesen Feldzug hatte sich der König mit großer Wahrscheinlichkeit bei den Güssen Geld geliehen. Als Pfand diente die Burg und das Dorf Leipheim, die als Lehen an Gerwig I. vergeben war. Konrad III. wurde 1268 in Neapel hingerichtet. Das Pfand Leipheim ging an Gerwig I. Güß über.

Leipheim gehörte von diesem Zeitpunkt an den Güssen (mit Ausnahme der Kirche, die dem Kloster Elchingen gehörte). Die drei Söhne Gerwigs nannten sich nach den Besitzungen der Güssen: Gerwig II. Güß von Güssenberg, Diepold Güß von Leipheim und Heinrich Güß von Haunsheim. Diepold war der erste Güsse, der Leipheim in seinem Namen führte. Da er ohne Nachkommen starb, ging Leipheim an die Kinder seines Bruders Gerwig. II. (Gerwig III. Güß von Güssenberg und Leipheim und Diepold Güß von Leipheim) über. Ein weiterer Sohn Gerwigs II. wurde als Heinrich Güß von Haunsheim Begründer der Haunsheimer Linie der Güssen, die von diesem Zeitpunkt an auch die Güssenburg bei Hermaringen besaß. 1322 kaufte Burkhart von Ellerbach (Diepolds Schwager) die Rechte an der Kirche vom Kloster Elchingen.

1326 verlieh Kaiser Ludwig der Bayer den Güssen das Recht in Leipheim einen Markt abzuhalten und die ortsansässigen Juden zu besteuern. Am 19. Mai 1327 verlieh Kaiser Ludwig während des Romfeldzugs in Mailand dem Ort Leipheim alle Rechte und Freiheiten von Ulm. Leipheim war damit unter der Herrschaft der Güssen zur Stadt geworden. Leipheim wuchs rasch und die Übergabe des Patronatsrechts der Kirche an die Güssen machte den Weg frei für den notwendigen, fast völligen, Neubau der Kirche, da die alte Kirche für die vielen Einwohner zu klein geworden war. Das Stadtrecht wurde 1330 noch einmal ausdrücklich bestätigt und um das Recht erweitert, eine Stadtbefestigung zu erreichten. Die daraufhin entstandene Stadtmauer ist auch in heutiger Zeit noch zum Großteil vorhanden.

Für die Vermittlung in einem Streit zwischen dem Kaiser und der Stadt Regensburg erhielten die Güssen 1340 die Feste Bloßenstaufen als Lehen. Auf diese Feste zogen sich die Brüder Gerwig III. und Diepold zurück, als 1343 den Habsburgern wegen drohender Kriegsgefahr ein Öffnungsrecht in Leipheim zugestanden werden musste. Auf der Burg in Leipheim wohnte in dieser Zeit ein Vogt der Habsburger. Mit dem Tod von Gerwig III. und Diepold im Jahr 1358 wurde der Besitz der Brüder auf die Söhne aufgeteilt. Diepolds Sohn Brun I. Güß von Leipheim und Staufen verwaltete seine Hälfte des Besitzes von der Feste Bloßenstaufen aus. Gerwigs III. Sohn Gerwig IV. Güß zu Leipheim hatte seinen Wohnsitz im Stadthaus der Güssen in Leipheim (am Kirchplatz). Der Wohnort seiner Geschwister (Güssenberg, Johann und Ütel) ist nicht bekannt.

1365 verkauften die Güssen aus Geldmangel fast alle außerhalb Leipheims gelegenen Rechte und Besitztümer. Dieser Geldmangel entstand durch den Ausbruch der Pest ab 1348. Das damit verbundene Massensterben ließ die Einnahmen kleiner Adelsfamilien drastisch sinken. Da das von den Güssen an den Herzog Rudolf von Österreich verliehene Geld wegen der völligen Überschuldung der Habsburger nicht mehr zurückgezahlt wurde, verpfändeten die Güssen die Stadt zu gleichen Teilen an Agnes von Rechberg (Witwe von Brun I.) und dem Ulmer Bürger Konrad Hundfuß. 1366 wurde Johann Güß zum Kirchherr von Leipheim. 1368 verzichteten die Güssen auf alle Rechte am 1315 gestifteten Spital zum Heiligen Geist. Als die wirtschaftliche Lage der Güssen immer noch schlechter wurde, verkauften sie ihren Besitz in Leipheim in den Jahren 1373 und 1374 an den Grafen Eberhard von Württemberg.

Johann Güß ging daraufhin als Pfarrer nach Ulm und verzichtete auf seine Rechte an Leipheim. Vermutlich durch Erbschaft aus einer Seitenlinie der Güssen kamen Gerwig IV. und sein Sohn Gerwig V. wieder zu Geld. Die beiden Söhne von Gerwig V. hatten 1420 bereits wieder so viel Kapital, dass sie um 9000 Gulden die Rechte an Günzburg und Reisensburg kaufen konnten. Gerwig VI. und sein Bruder Diepold verließen Leipheim und zogen auf die Reisensburg. Nach elf Jahren verkauften die Güssen ihre Rechte an Günzburg und Reisensburg wieder und zogen nach Gundelfingen.

1433 kaufte Diepold Güß von Güssenberg die Stadt Leipheim für 13.000 Gulden von den Grafen von Württemberg zurück und nannte sich ab diesem Zeitpunkt Diepold Güß von Güssenberg zu Leipheim. Die Grafen von Württemberg hatten sich allerdings ein 13-jähriges Wiederkaufsrecht einräumen lassen, dass sie auch fristgerecht wahrnahmen. Und so ging Leipheim 1446 wieder an die Grafen von Württemberg.

Mit dem Erlös kaufte Diepold Feste und Ort Brenz. Die Güssenburg bei Hermaringen, auf der Hans Cunrad Güß von Güssenberg wohnte, wurde 1448 von Bürgern der Städte Ulm, Giengen, Lauingen und Langenau gestürmt und niedergebrannt. Grund war die Lebensweise des als "Mordhans" berüchtigten Raubritters, der vorbeiziehende Warentransporte plünderte oder die Besitzer übel erpresste.

Die Grafen von Württemberg verkauften die Stadt Leipheim 1453 an die Stadt Ulm, zu der sie bis 1802 gehören sollte. Aufgrund der Konkurrenz der von der Barchentweberei lebenden beiden Städte, wurde die Zahl der Webstühle in Leipheim per Verordnung reduziert und aus dem ehemals wohlhabenden Weberstädtchen wurde ein Bauernstädtchen. Diepold Güß von Güssenberg zu Brenz, wie er sich nach dem Umzug nach Brenz nannte, hatte keinen Sohn und vererbte deshalb seinen Besitz 1456 an seine Neffen Sixt und Sigmund. Seine Tochter wurde mit 6.000 Gulden abgefunden.

1552 wurde die Güssenburg in Leipheim völlig zerstört (das heutige Schloss von 1559 steht auf den Grundmauern dieser mittelalterlichen Burg). Die Urenkel von Sixt und Sigmund (Hans Georg und Friedrich Güß von Güssenberg) verkaufen die letzten Reste der Güssenbesitzungen in Leipheim im Jahr 1581. Der letzte urkundlich erwähnte Güsse Hans Cunrad Güß von Güssenberg verkaufte den Ort Brenz 1613 an das Haus Württemberg. Er starb 1644 arm und verlassen im Gundelfinger Spital.

In der St. Veitskirche erinnert an der Ostwand des nördlichen Seitenschiffs eine Wandmalerei an die größten Wohltäter Leipheims: Die Güssen von Leipheim.